Taller than wide als Kriterium für Schilddrüsen-Knoten wurde erstmals 2010 bei der Vorstellung von TIRADS durch Horvath et. al. beschrieben – siehe auch https://www.tirads.de. Es bedeutet eine größere Ausdehnung eines Schilddrüsenknotens in die Tiefe („tall“ = sagittaler Durchmesser) als in die Breite („wide“ = transversaler Durchmesser). Der Längsdurchmesser („long“ = Durchmesser entlang der Längsachse des Schilddrüsenlappens). In der Erstversorgung von Patienten mit Schilddrüsen-Knoten und im Endemiegebiet erscheint das Kriterium schwierig anwendbar.
Die Wertung einer taller than wide Konfiguration eines Schilddrüsen-Knotens als suspekt unterstellt, dass eine solche Wuchsform nicht natürlich der Form eines Schilddrüsenlappens folgt. Man nimmt an, dass Schilddrüsenmalignome häufiger ein solch „antiparalleles“ Wachstum zeigen. Für benigne Schilddrüsenknoten nimmt man hingegen ein „paralleles“ Wachstum an. Diese Annahmen sind im Grundsatz interessant und plausibel. Wie immer liegt der Teufel aber im Detail. Ein Schilddrüsenlappen kann nämlich nicht so einfach durch ein „Rotationsellipsoid“ abstrahiert werden. Gerade im Endemiegebiet weist ein Schilddrüsenlappen oft beträchtliche „Fortsätze“/“Hörner“ auf.
Ein relativ konstanter „Fortsatz“/“Horn“ ist das sogenannte Hinterhorn der Schilddrüse am dorsalen Drittel eines Schilddrüsenlappens – das Tuberculum Zuckerkandl’i. Im Ultraschall ist es kaum zu erkennen, wenn es nicht im Rahmen von Strumawachstum vergrößert ist, da es sich nach medial hin der Trachea anschmiegt. Bei Strumawachstum sieht man häufig auch ein „Unterhorn“, das sich am Übergang mittleres/kaudales Drittel eines Schilddrüsenlappen als Doppelung zum eigentlichen Schilddrüsenunterpol entwickelt und nicht streng nach kaudal, sondern nach dorsokaudal gerichtet ist. Es ist in der Literatur nicht benannt; möglicherweise stellt es auch einen Ausläufer des Hinterhorns dar. In diesem Blog und auch im Schilddrüse-Atlas und Schilddrüse-Skript wird es als separates „Horn“ behandelt (https://www.nuk-verlag.de).
Bei Strumawachstum entwickeln sich häufig auch Knoten im Hinter- und/oder Unterhorn. Ihre „natürliche“ parallele Wuchsform ist dann taller than wide! Dies dürfte der Grund sein, warum das „taller than wide“ Kriterium bei Schilddrüsenknoten, die dorsal in der Schilddrüse wachsen nicht mehr funktioniert.